Teil 2: Anlauf Richtung Südpol
Der Erfolg führte zum Engagement der spanischen Regierung als Sponsor und der lang erhofften Genehmigung zur Antarktisdurchquerung. Aus den Erfahrungen der ersten Hälfte ergaben sich Maßnahmen: die Canopy musste hinten abgedichtet, eine zusätzliche Heizungsmuffe eingebaut und ein autarkes stromloses Motor-Vorwärmgerät entwickelt werden. Letzteres hatte als Basis einen bei Buschfliegern in Alaska bewährten Coleman-Kocher.
Diesmal führte der Weg zum Ausgangspunkt des Sprunges in die Antarktis über Afrika (Ägypten, Sudan, Kenia) durch den Indischen Ozean.
Südroute über Afrika | Südroute über den Pol |
Hier boten sich die Malediven, Seychellen und die Cocos-Insel als Zwischenstopp bis Port Hedland, Westaustralien an.
Dies waren für Michel relativ entspannte 5.200 Seemeilen bzw. 38 Flugstunden in 3 riesigen Legs (!) von Kenia aus.
Die Umrundung des Uluru (Ayers Rock) war obligat, um weiter zum Cambridge Airport nach Tasmanien vorzudringen. Dort bezog er Warteposition bei Freunden vom Aeroklub, Experten für Antarktis- und Buschflüge, die bereits die in Kanada für die RV-8 gefertigten Ski bereithielten. Die Ski wurden unter die Räder montiert und ausprobiert, sowie auch der Belly-Tank. Beides erzeugte einen enormen Widerstand, der schon bei leerer Flugzeugmasse zu 11 Knoten Fahrtverlust führte. Intensive Berechnung und Diskussion führte zur Entscheidung, die Ski als Sicherheitsvorteil zu belassen.
Der große Sprung
Vertäut wegen 80 kts Fallböen auf MZB
Der Südpol wird geknackt
Nach 5 Tagen und schweren Fallböen trat das erhoffte Wetterfenster ein. Der Flug hinauf zum Pol und hinunter zur antarktischen Halbinsel ist kein Zuckerschlecken. Der Pol liegt auf fast 3.000 Metern, das Wetter ist unvorhersehbar, und - die US-geführte Südpolstation verwehrte Michel jede Kooperation.
Vorbeiflug an der South Pole Base
Mit großer Unterstützung durch die italienische Crew wurde alles vorbereitet: Auftanken, Mo- torvorwärmung, Catering. Eine letzte Dusche, ein Frühstück, wo wird dieser Tag enden? Emails wurden an die Basen der British Arctic Survey (BAS) Rothera und Sky Blue, den privat organisierten Union Glacier ALE (= Antarctic Logistics & Expeditions) sowie McMurdo gesendet. Unter dem ICAO Dokument AFIM sind einige Staaten für SAR verantwortlich, wenn der Kontakt mehr als eine Stunde abreißt. Die RV-8 war nun randvoll getankt. Die Endurance betrug 24 Stunden, die geplante Flugzeit bei 120 Knoten betrug 21 Stunden, 3 Stunden Reserve. Mit Skiern war das nach Marambio Base nicht zu schaffen, es fiel die Entscheidung sie abzumontieren. Bis zum Pol sind es ca. 1.000 Meilen, von dort zum argentinischen Marambio noch mal 1.600. Bei optimaler Speed von 140 Knoten wären
Hinauf zum Beardmore
das 18,5 Stunden Flugzeit ohne Wind. Oben am Pol herrschten -25 bis -35 Celsius, Windyty zeigte über weite Strecken Wolkenfreiheit für die nächsten 30 Stunden, übereinstimmend mit den Meteorologen der MZB. Die Strecke führte vorbei an McMurdo über das Ross Eisschelf, zum Beardmore Gletscher. Die vorhergesagten schwachen Winde entpuppten sich als starker Gegenwind, die Groundspeed fiel auf 50 bis 80 Knoten. Mount Erebus bei McMurdo ragte unerreichbare 3 km hoch auf. Mehrere Anrufe auf verschiedenen Frequenzen blieben erfolglos. Nach 500 Meilen wurde das Flugzeug leichter und ein langsamer Aufstieg auf den riesigen Beardmore Gletscher möglich, über den Spuren des Ernest Shackleton von 1908. Am Ende mussten 7.000 Fuß erreicht sein, es herrschte Gegenwind und -31 Grad Außentemperatur.
Mühsamer Aufstieg über dem Beardmore zum Südpol
Er sah die Eiskristalle mit dem gefürchteten Whiteout auf der Oberfläche entlang blasen, die Flughöhe lag bei der Elevation von 9.000 Fuß am Pol nur geringfügig höher. Um 03:30 Zulu war er erreicht!
Als das Flugzeug geparkt war, fand er den rechten Tank fast leer, im linken waren noch 2 Stunden Reserve plus Inhalt des Rumpf-Headertanks!
Die RV-8 wurde im Hangar verstaut. Michel gönnte sich eine Dusche und wurde mit einem Lunch versorgt, bevor er ein paar Stunden Schlaf fand - um dann zum Dinner gerufen zu werden. Der Weg dahin führte beim Meteorologen vorbei. Der zeigte auf ein kurzes Wetterfenster für den Sprung nach Ushuaia in den nächsten 12 Stunden, welches sich danach für viele Tage undurchdringlich verschließen sollte. Aus dem Spaziergang zur Pinguinkolonie wurde nichts. Nach einer sehr kurzen Nacht wurde der Bellytank abmontiert und die RV-8 zum 665-Meilen-Sprung über die Drake-Passage vorbereitet.
Vorbei an Deception Island ging es bei wunderbarer Sicht über die Drake Strasse, bis sich unter ihm am Kap Horn die Wolkendecke schloss. Zwischen den Inseln am östlichen Eingang des Beagle Kanals fand sich ein Loch mit stark eingeschränkter Sicht, Schneeschauern und strömendem Regen bei +7 Grad Celsius. Bei Böen von 37 Knoten landete er auf dem neuen Flugplatz von Ushuaia und die RV-8 wurde sogleich in den staatlichen Hangar geschoben. Die Antarktis war bezwungen.
Nach einer Woche der Erholung in einem stolzen Land unter vielen Freunden der Air Force und vielen neuen Freunden, musste der Weg nach Natal fortgesetzt werden, wo sich die Antarktisroute mit der Route zum Nordpol kreuzte.
Nach der Atlantik-Querung über die Kapverden und Lanzarote landete Michel am 15. Dezember 2016 um 11:40 Zulu als erster Mensch, der Nord- und Südpol mit einem selbst gebauten Kleinflugzeug überflogen hat, vor dem Königlich Spanischen Aeroklub in Cuatro Vientos zum ganz großen Empfang.
Flugleistungen: |
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