Alternative Antriebskonzepte im Ultraleichtflug
unter Berücksichtigung ökonomischer und ökologischer Aspekte
von Helge Berner
Kapitel 9: Alternative Antriebskonzepte
Durch diese Gegenüberstellung wird ersichtlich, dass eine Verbrauchsreduktion von 20%, mit bereits im Einsatz befindlichen Motoren anderer Hersteller, nicht zu realisieren ist. Um diesen Wert zu erreichen, müssen neue Antriebskonzepte gefunden werden. Hierbei ist ein Vergleich mit dem aktuellen Stand der Automobiltechnik sinnvoll und hilfreich.
Auffällig dabei ist, dass heutzutage vermehrt Motoren nach dem Downsizing Prinzip entwickelt und produziert werden, bei denen mittels Aufladung der Motoren der kleinere Hubraum ausgeglichen wird. Durch diese Maßnahme lassen sich innermotorische Reibungswiderstände minimieren. Zusätzlich erwärmen sich kleinere Motoren auf Grund der geringeren Masse schneller und erreichen so in kürzerer Zeit den optimalen Betriebszustand, was ebenfalls zu einer Verbrauchsreduktion und besseren Abgaswerten führt.
In Tabelle 1237 werden die momentan in der Automobilindustrie eingesetzten Motorentechniken, mit den erreichbaren spezifischen Verbräuchen dargestellt.
Tab. 12: Vergleich charakteristischer Daten von Otto- und Dieselmotoren
Wie deutlich zu erkennen ist, verfügt ein aufgeladener Dieselmotor über den geringsten spezifischen Verbrauch, der bei circa 205 g/kWh liegt. Moderne Ottomotoren verbrauchen im Idealfall ca. 225 g/kWh. Damit könnte das definierte Ziel von 228g/kWh (80% des Verbrauches des Rotax 912UL) zwar erreicht werden, allerdings nur im Bestpunkt, der nicht über das komplette Drehzahlband gehalten werden kann.
Somit gilt es zu überprüfen werden, ob es Dieselmotoren gibt, die von den Abmessungen klein genug sind um in einem Ultraleichtflugzeug verbaut zu werden.
Des Weiteren ist das Gewicht der Antriebseinheit, mit dem in Kapitel 5 formuliertem Ziel von max. 100kg, als limitierender Faktor zu beachten. Ebenso wird untersucht, ob es gegebenenfalls Neuentwicklungen der bekannten Motorenhersteller gibt, die bisher noch nicht, oder nur selten in Ultraleicht- Flugzeugen zum Einsatz kommen.
Zusätzlich wird der Einsatz eines Elektroantriebes in Betracht gezogen, sofern die festgelegten Kriterien erfüllt werden können.
9.1 Neu entwickelte Motoren bekannter Hersteller
Bei den bisher am Markt etablierten Herstellern gab es in den letzten Jahren nur einen Motor, der Potential zu Verbrauchsreduzierungen aufzeigt. Dabei handelt es sich um den im Jahre 2012 vorgestellten Flugmotor 912iS.
Dieser soll nach Angaben des Hersteller Rotax Verbrauchseinsparungen von über 20% ermöglichen und somit auch die Kraftstoffkosten deutlich reduzieren. Der Vorteil des neuen Motors wird im Vergleich zum Vorgängermodell 912ULS und Motoren andere Hersteller in Abbildung 2138 dargestellt.
Abb. 21: Treibstoffverbrauch Rotax 912iS im Vergleich
Diese Einsparungen sollen durch ein elektronisches Einspritzsystem, das genau wie das Zündsystem redundant ausgelegt ist, realisiert werden. Leider ist kein Diagramm mit dem spezifischen Verbrauch über das gesamte Drehzahlband verfügbar. Auch werden auf der Homepage des Herstellers, im Gegensatz zu den bewährten Motoren 912UL bzw. 912ULS, keine Datenblätter angeboten.
Zur weiteren Beurteilung des Verbrauches stehen somit nur die Angaben aus dem Betriebshandbuch39 zur Verfügung. Der entsprechende Auszug ist in Tabelle 13 zu sehen.
Tab. 13: Treibstoffverbrauch Rotax 912iSc / iS
Dabei wird ein spezifischer Verbrauch von 250 g/ kWh ausgegeben, was im Vergleich zu den bisherigen Motoren eine Verbesserung darstellt. Diese erreicht mit knapp unter 10% allerdings nichts das formulierte Ziel von maximal 228 g/ kWh.
Auch das mit einem Abgasturbolader ausgestattete Modell 914, mit einer maximalen Leistung von 84,6kW / 115PS40 und einem spezifischen Verbrauch von 276 g/ kWh, erreicht das gesteckte Ziel nicht.
Somit kann festgehalten werden, dass kein Motor der etablierten Hersteller, einen Verbrauchsvorteil von 20% aufweist, weshalb untersucht werden muss, welche Alternativen mit konventionellen Kraftstoffen bestehen. Nach Betrachtung der möglichen spezifischen Verbrauchswerte aus Tabelle 12, verfügt ein aufgeladener Dieselmotor über den geringsten spezifischen Verbrauch, weshalb im nächsten Schritt untersucht wird, ob es unter Einhaltung der formulierten Bedingungen, technisch machbar ist einen Dieselmotor in einem Ultraleichtflugzeuge zu betreiben.
9.2 Dieselmotor
Wie bereits in Tabelle 12 aufgezeigt, bietet der Dieselmotor mit Aufladung unter den mit herkömmlichen Kraftstoffen betriebenen Verbrennungsmotoren, den geringsten spezifischen Verbrauch.
Tab. 12: Vergleich charakteristischer Daten von Otto- und Dieselmotoren
Nachteilig wirkt sich bei einem Dieselmotor das höhere Gewicht, wie auch die dieseltypischen Vibrationen aus. Auch die etwas größeren Abmessungen des Motors auf Grund der Aufladung, egal ob durch einen Abgasturbolader, oder einen Kompressor, schaffen neue Herausforderungen.
Derzeit gibt es keinen Hersteller von Ultraleichtflugzeugen, der ein Modell serienmäßig mit Dieselmotoren ausliefert. Allerdings bietet die Firma B&F Technik Vertriebs GmbH, die einen Teil der FK Lightplanes Polen darstellt, Motornachrüstsätze an. Die Entwicklung und Konstruktion der Flugzeuge erfolgt in Speyer, die Fertigung in Polen. In Zusammenarbeit mit den Firmen Ecofly und FlyEco werden Benzin und Dieselmotoren aus dem PKW Modell Mercedes "Smart" angeboten. Diese Motoren besitzen eine Musterzulassung in Verbindung mit dem Flugzeugmodell FK-9.
Dabei werden neben dem M160 smart Motor mit 60kW auch die stärkere Brabus Variante mit 74kW, sowie der smart Dieselmotor mit 58,8kW angeboten. Das Gewicht für die Benzinmotoren liegt bei 79kg, der Dieselmotor wiegt ca.89kg.Um zu überprüfen, ob die Möglichkeit einer Verbrauchsreduktion besteht, wurden bei der Firma FlyEco, die sich im Gegensatz zur Firma Ecofly, auf den Dieselmotor spezialisiert hat, aussagekräftige Unterlagen angefordert. Nach Betrachtung der Firmenpräsentation, sowie der zur Verfügung gestellten Berichte aus den Fachzeitschriften "Flieger Magazin" und "AEROkurier", stellt der modifizierte Dieselmotor aus dem PKW Modell smart eine denkbare Alternative dar. Der
Fachzeitschrift "Fliegermagazin" nach, die einen Testflug in einer von FlyEco umgebauten FK9 Mk.IV durchgeführt hat, sollen in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit sehr niedrige Verbrauchswerte von teilweise nur 4 Litern pro Flugstunde bei einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h erzielt werden können.
Bei einer realistischen Reisegeschwindigkeit von 170 km/h soll der Verbrauch circa 7 Liter pro Stunde betragen41. Diese niedrigen Verbrauchswerte, verglichen mit dem Rotax 912 UL, resultieren auch aus dem niedrigen Leistungsbedarf, auf Grund der sehr guten Aerodynamik der FK9 Mk.IV. Um einen objektiven Vergleich der Motoren durchführen zu können, sind allerdings die spezifischen Verbrauchswerte notwendig und ausschlaggebend.
Diese wurde durch die Firma FlyEco zur Verfügung gestellt. Im Gegensatz zu anderen, bereits betrachteten Motoren, zeigt sich bei dem CDI Dieselmotor eine Besonderheit. Während bei anderen Motoren die Leistung in Abhängigkeit von der Drehzahl steigt, kann der Dieselmotor auf einer fixen Drehzahl betrieben werden. Durch die Common Rail Direkteinspritzung ist es möglich die gewünschte Leistung über die Öffnungsdauer der der Injektoren und damit der eingespritzten Kraftstoffmenge zu beeinflussen. Die in Tabelle 14 dargestellten Verbrauchswerte, wurden nach Aussagen von Firma FlyEco bei einer Drehzahl von 3.500 Umdrehungen pro Minute ermittelt.
Tab. 14: Verbrauch Smart Dieselmotor/ Quelle: FlyEco, (vom 24.07.15)
Um diesen Motor mit den in Kapitel 7.2.1 aufgeführten Motoren vergleichen zu können, wird der Verbrauch bei einer abgegebenen Leistung von ca. 44kW aus dem Diagramm ermittelt.
Bei der Vergleichsleistung ergibt sich aus dem Diagramm ein spezifischer Verbrauch von ca. 218 g/kWh, der somit deutlich unter den bisher erreichten Werten der Ottomotoren mit Vergaser liegt. Den Bestpunkt erreich der Motor bei einer Leistung von 30kW, was einem Verbrauch von 7,5 Liter pro Stunde entspricht. Je nach aerodynamische Auslegung des Flugzeuges und dem damit verbundenen Luftwiderstand, sind demnach Reisegeschwindigkeit von 170km/h als technisch machbar anzusehen.
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Abb.23: Technische Daten Smart Dieselmotor |
Wie in Abbildung 22 42 zu sehen, ist es der Firma EcoFly gelungen, einen passenden Motorträger zu entwickeln, um den Motor unter der Cowling Bauraumoptimiert unterbringen zu können. Des Weiteren wurden nach Rücksprache mit einem der beiden Geschäftsführern der Firma EcoFly, Herrn Patrick Rudolph, weitere Veränderungen an dem Motor durchgeführt. Diese werden auch aus den technischen Daten in Abbildung 2343 ersichtlich.
Neben dem bisher verwendeten Getriebe, wurde eine Untersetzung mit Fliehkraftkupplung eingebaut, wodurch starke Vibrationen im unteren Drehzahlbereich reduziert werden konnten. Durch diese Maßnahme kann der Motor im Leerlauf gestartet werden, ohne dass sich der Propeller dreht. Erst bei ca. 1.700 Umdrehungen pro Minute wird der Kraftschluss hergestellt, was beim Betrieb am Boden auch aus Sicherheitsaspekten eine Verbesserung darstellt. Um das Gewicht des Motor zu verringern wurde zusätzlich die Schwungmasse des Motors reduziert und leichtere Anbauteile verbaut.
Um den Motor sicher im Flugbetrieb zu verwenden, wurde Sicherheits- Programme, die eigentlich dem Motorschutz dienen, umprogrammiert, so dass der Motor nicht in ein Notlaufprogramm schalten kann. Des Weiteren wurden die Kennfelder im Motormanagementsystem optimiert, wodurch die Leistung deutlich gesteigert werden konnte. Dadurch stieg die Leistung des Motors von ursprünglich knapp 40kW auf circa 56kW Nennleistung. Damit liegt die Dauerleistung des modifizierten smart Motors auf dem Niveau des Rotax 912UL.
Das Gewicht des Dieselmotors liegt mit ca. 89kg zwar über dem eines Rotax 912 UL, der ca. 61kg wiegt, ist aber immer noch unter dem gesetzten Limit von 100 Kilogramm. Auch die Lärmvorschriften werden eingehalten, da der Motor sonst keine Zulassung in einer FK9 erhalten hätte.
Zur besseren Vergleichbarkeit wurden die mit fossilen Brennstoffen betriebenen Motoren in Tabelle 15 gegenübergestellt. Dabei zeigt sich, dass lediglich der Dieselmotor, das Potential der festgelegten Verbrauchsreduktion von 20% gegenüber dem Rotax 912UL erreicht. Mit einem spezifischen Verbrauch von 218 g/kWh, bei der festgelegten Vergleichsleistung von 44kW/ 60PS, wird ein Verbrauchsvorteil von 23,5% erzielt. Bei Betrachtung des geringsten spezifischen Verbrauches von ca. 208 g/kWh bei 30kW Leistung, ergibt sich ein Verbrauchsvorteil von circa 27%.
Tab. 15: Verbrauch alternativer Verbrennungsmotoren
Helge Berner
37 vgl. van Basshuysen und Schäfer 2015 Kapitel 26.2
38
vgl. BRP- Powertrain GmbH&Co KG
39 vgl. BRP- Powertrain GmbH&Co KG 2012 Kapitel 1.9
40 vgl. BRP- Powertrain GmbH&Co KG 2017
41 vgl. Wolter 2013
42 vgl. Rudolph 2014
43 vgl. Wolter 2013